Umsetzung der Interkalibrierung
Aufgabe der Interkalibrierung ist, die europaweit einheitliche Bewertung des guten ökologischen Zustands durch die nationalen Bewertungsmethoden zu gewährleisten. Vereinfacht ausgedrückt: Die Interkalibrierung soll sicherstellen, dass zum Beispiel ein Gewässerabschnitt in Belgien, der von der belgischen Methode als "gut" bewertet wird, auch von der deutschen oder niederländischen Methode als "gut" eingestuft würde, wenn sich derselbe Abschnitt an einem deutschen oder holländischen Gewässer befände.
Die Wasserrahmenrichtlinie schafft durch die Definitionen des sehr guten, guten und mäßigen Zustands die Rahmenbedingungen für die Vereinheitlichung der Einstufung ("normative Begriffsbestimmungen" des Anhang V WRRL). Im Interkalibrierungsprozess werden diese Begriffsbestimmungen für die einzelnen Biokomponenten und deren Kenngrößen konkretisiert.
Generell erfolgt die Umsetzung der Interkalibrierung in zwei Schritten:
(1) Vergleich der nationalen Klassengrenzen des guten ökologischen Zustands
Der gute ökologische Zustand wird durch eine obere Klassengrenze zum sehr guten Zustand und eine untere Klassengrenze zum mäßigen Zustand begrenzt. Im Interkalibrierungsprozess werden die Klassengrenzwerte der nationalen Methoden miteinander verglichen. Hierzu wird auf drei unterschiedliche Interkalibrierungs-Optionen zurückgegriffen (CIS WG 2.A, 2004):
Option 1: Nutzung gemeinsamer Bewertungsmethoden.
Basiert in mehreren Mitgliedstaaten die Überwachung der Oberflächengewässer auf
der Anwendung einer gemeinsamen Bewertungsmethode, so können die nationalen
Klassengrenzwerte dieser Methode direkt verglichen werden.
Option 2: Nutzung allgemeiner Bewertungskenngrößen
(sogenannter "common metrics") zum Vergleich der
nationalen Bewertungsmethoden (siehe Abbildung 1).
Unabhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten und den spezifischen Formen
der Gewässerbelastung eines Landes erfassen "common
metrics" die generelle Belastung eines Gewässers durch den Menschen. Die
Klassengrenzen der nationalen Bewertungsmethoden werden mittels statistischer
Verfahren in Werte der "common metrics" übersetzt
und somit vergleichbar gemacht (Buffagni et al., 2005).
Abbildung 1: Nutzung allgemeiner Metriks ("common metrics") zum Vergleich der Klassengrenzen
nationaler Bewertungsmethoden. Nationale Klassengrenzen werden mittels
Regressionsanalyse in Werte des Interkalibrierungs-Index übertragen.
Option 3: Direkter Vergleich von nationalen
Bewertungsmethoden an Interkalibrierungsstellen.
Die Bewertung ausgewählter Gewässer-Messstellen durch verschiedene
Bewertungsmethoden ermöglicht den direkten Vergleich der nationalen
Bewertungsergebnisse (Birk & Hering, 2006). Die Messstellen des offiziellen
Interkalibrierungsnetzes bilden nur einen Teil der in dieser Option genutzten
Daten.
(2) Anpassung nationaler Klassengrenzen an internationale Vorgaben
Im Interkalibrierungsprozess werden Grenzwerte für die Kenngrößen der Biokomponente definiert. Grundlage dafür bilden u.a. wissenschaftliche Untersuchungen zu Struktur und Funktion von Gewässersystemen unter menschlichem Einfluß. Zum Beispiel: Nimmt die Nährstoffbelastung eines Sees durch landwirtschaftliche Nutzung des Umlandes zu, kommt es zu erhöhtem Wachstum von Phytoplankton. Die Wassertransparenz verringert sich, und Makrophyten der tieferen Bereiche sterben ab. Die maximale Phytoplankton-Menge, welche noch keine Veränderung der Makrophyten-Besiedlung bedingt, kann in diesem Beispiel als ökologisch begründeter Grenzwert definiert werden.
Die Verständigung auf Grenzwerte für bestimmte biologischen Kenngrößen innerhalb einer Geographischen Interkalibrierungs-Gruppe (GIG) schafft internationale Vorgaben für die Interkalibrierung. Auf Grundlage dieser einheitlichen Werte erfolgt der Vergleich der Klassengrenzen nationaler Bewertungsmethoden. Abweichungen werden durch die Interkalibrierung aufgezeigt. In diesem Falle sind Mitgliedsstaaten aufgefordert, die Einstufung ihrer Bewertungsmethode anzupassen.
Die Umsetzung der Interkalibrierung einzelner Biokomponenten ist in den Technischen Berichten der GIGs erläutert (siehe Literatur).